Legende zu Patroklus
Legende zum hl. Patroklus
Text aus der Chronik des Jahres 1847
Die uralte Legende vom Patroklus – Bild in unserer Kirche, welches früher bei der Kanzel stand und bei Prozessionen umher getragen wurde, nunmehr aber, indem es durch ein kleineres, leichteres ersetzt worden ist, erst hinter dem Altare, und seit der diesjährigen Renovierung der Kapelle auf den Kirchborden an Ehren aufbewahret wird, schon wegen seines Alters, (man nimmt an, dass es so alt wie die Kapelle selbst sei) ist gar zu schön und zu erbaulich, und für uns Löwendorfer zu wichtig und interessant, als dass sie in unserer Gemeinde-Chronik, da der St. Patroklus unser Orts- und Kapellen Patron ist, nicht den ersten Platz verdiente.
Sie ist kurz folgende:
Ein frommer Bettler aus Löwendorf geht einst zum benachbartem Dorfe Niese, um dort zu betteln, und kommt unter anderem in das Haus des Dorf-Vogtes, (Dorf-Verwalter) eines reichen Protestanten. Nachdem ihn dieser eine Gabel gereicht, fragte er den ihm wohlbekannten Bettler, was denn der Löwendorfer Patroklus mache. Der Bettler, ein Katholik, glaubte er wolle gefragt haben, ob das Bild des St. Patroklus sich noch in dem früheren guten Zustande befinde, und antwortete deshalb, das Bild stehe noch wohlerhalten auf der früheren Stelle link neben dem Altare, in
seinem zierlichen Häuschen. So,? entgegnete der Vogt, steht er noch Schildwache, wie sonst? Der arme Schlucker bedauert mich, denn er steht da schon Gott weiß wie lange mit seinem, langen kriegerischen Barte, und scheint über einen schwer auszuführenden Kriegsplan nachzudenken. Sehr wohl tät man, wenn man ihn zu Abwechslung eine andere Beschäftigung gäbe. Nicht wahr, Alter! Seid ihr nicht mit mir der Selben Meinung? Der Alte verschmerzte den losen, Gotteslästerlichen Witz und zuckte stillschweigend die Achseln. Ja, Papa! es wäre ratsam witzelte der Vogt
weiter, man gäbe ihm diese irdene Pfeife und diese Tüte Reiter-Tabak mit, dann kann er sich doch wenigstens bei seinem ewigen Nachsinnen eine rauchen, und dieses schärft auch den Verstand. Hör mal Alter, ihr tut mir den Gefallen. Der Alte lässt sich betören, nimmt die besagten Sachen mit, und legt sie am ersten besten Tage, nach der Messe, und also wo die Kirche offen ist, ohne jemanden etwas davon zu sagen, heimlich zu den Füßen, hinter das Patroklus – Bild. Von derselben Stunde an, wo das Geschehen, wurde der Benannte Vogt krank, und in allen Gliedern gelähmt. Die Krankheit nahm mit jedem Tag zu, wiewohl er alle mögliche ärztliche Hilfe anwandte, so dass er zuletzt ganz krumm zusammen wuchs, und die Nahrung nicht einmal selbst zum Munde führen konnte.
Nach langer Zeit findet sich in diesem höchst beklagenswerten Zustand derselbe Alte, wovon oben die Rede war, indem er wie damals um eine milde Gabe bei ihm anspricht. Dem Alten ist die frühere Unterredung, sowie die ganze damit verbundene Tatsache ganz vergessen; jedoch dem Vogt erscheint das Erscheinen des Alten wie ein Donnerschlag. Mächtig und fürchterlich erwacht das Gewissen, und er fragt den Alten, „Hört mal, Alter, habt ihr vor einigen Jahren meinen Wunsche gemäß Pfeife und Tabak dem Patroklus in Löwendorf gebracht? Ja, mein Herr!“ erwidert gemächlich und Gewissenhaft der alte Bettler. So bitte ich euch um Gottes Willen mal nachzusehen, ob diese Sachen sich noch dort befinden, und bringt sie wieder mit, denn ich kann seitdem ich diese Gotteslästerung beging, nicht bloß mehr schlafen , sondern werde obendrein mit den unsäglichen Schmerzen gequält und bin, wie du siehst, krumm zusammen gewachsen. Noch ehe ich so bedeutend krank war und noch umher gehen konnte am Anfang der Lähmung, war ich so froh, meine Sündtat überall, und unter anderem auch einem alten katholischen Geistlichen von Falkenhagen zu erzählen, mit dem ich eh eines Weges ging. Dieser antwortete nur ernst, als er von mir ging, hört mal, ihr werdet sicher ihre Strafe dafür bekommen Herr Vogt, entweder hier, oder dort, vielleicht schon hier; denn Gott lässt sich nicht spotten ! Dieses trifft jetzt auf eine schreckliche Weise an mir ein! Seht, ich kann keine Speise zum Munde führen! Der alte Bettler schluchzte laut auf, und bereute innerlich, dass er Beteiligter an dieser heiligen Entehrung gewesen ist, und versprach sogleich, die verlangten niedergelegten Sachen herbeizuholen. Er tat es. Von der Selben Stunde an wurde es mit dem Vogt zusehends besser. Seine Krankheit fing an ohne Gebrauch von Arzneien zu verschwinden. Er fühlte herzliche Reue und gelobte, in der Löwendorfer Kapelle, die eben damals mit sehr schlechten Stühlen versehen war, mit neuen Stühlen zu beschenken. Er hielt Wort, und seine Krankheit wich vollends von ihm ab. Aus Dankbarkeit besuchte er am nächsten Patroklus-Feste die hiesige Kapelle, und küsste öffentlich das Bild des hl. Patroklus. Die Stühle, welche sich gegenwärtig in der Kapelle befinden, sollen die nämlich sein, welche der Vogt hat hineinmachen lassen, und zeichnen sich durch besondere Stärke und Dauerhaftigkeit aus.
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Ende des Textes aus dem Jahr 1847